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Friedrich Merz: Ökonomen warnen vor wirtschaftlichen Risiken nach Wahl-Niederlage

Friedrich Merz: Ökonomen warnen vor wirtschaftlichen Risiken nach Wahl-Niederlage

Nach dem gescheiterten ersten Wahlgang von Friedrich Merz zum Bundeskanzler schlägt die Wirtschaft Alarm. Topökonomen wie Jens Südekum befürchten internationale Folgen. Künftige Verhandlungen mit Investoren und den USA könnten gefährdet sein.
„Verheerendes Signal für die Wirtschaft“: Düsseldorfer Wirtschaftsprofessor Jens Südekum zur Merz-Niederlage

„Verheerendes Signal für die Wirtschaft“: Düsseldorfer Wirtschaftsprofessor Jens Südekum zur Merz-Niederlage

Foto: teutopress / IMAGO

Die überraschend gescheiterte Kanzlerwahl von CDU-Chef Friedrich Merz (69) sorgt für erhebliche Unruhe in Wirtschaft und Politik. Führende Ökonomen werten das knappe Abstimmungsergebnis als Warnsignal für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Sie befürchten, dass die politische Unsicherheit und die knappe Mehrheit im Bundestag notwendige Reformen erschweren und das Vertrauen in eine stabile, planbare Wirtschaftspolitik weiter schwächen könnten.

„Dass Merz nun im ersten Wahlgang gescheitert ist, sendet ein verheerendes Signal in die Gesellschaft und in die Wirtschaft: Die Reihen sind nicht geschlossen“, sagte der Düsseldorfer Professor Jens Südekum am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Auch in Zukunft müsse mit Querschüssen gerechnet werden, wenn es um heikle Themen gehe. „Dabei brauchen der Wirtschaftsstandort und das gesamte Land vor allem eines – eine stabile Regierung, die planbare Politik betreibt“, sagte Südekum.

Ähnlich sieht das DIW-Präsident Marcel Fratzscher. „Die Wahlniederlage von Merz unterstreicht, wie weit Union und SPD politisch voneinander entfernt sind und dass der Koalitionsvertrag bei zahlreichen Abgeordneten auf tiefe Ablehnung stößt“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zu Reuters. „Der Koalitionsvertrag enthält ungewöhnlich wenige verbindliche Absprachen und lässt viele der großen Themen – von Steuerreform über Rentenreform bis hin zur Migration – offen.“

Eine Schlussfolgerung der Wahlniederlage sei, dass Union und SPD dringend mehr Mut für grundlegende Reformen und Veränderungen benötigten. Der Koalitionsvertrag sei keine gute Grundlage für das Regieren in den kommenden Jahren.

„Nichts verabscheuen die Märkte so sehr wie Unsicherheit“

„Der Vorgang im Deutschen Bundestag heute ist ein Paukenschlag, und es ist ein schlechter Tag für Deutschland und Europa" sagt auch Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International. Durch den vorzeitigen Bruch der Ampelregierung seien bereits viele Monate ins Land gezogen, ohne dass die größte Volkswirtschaft Europas politisch handlungsfähig war. „Sollte diese Hängepartie weitergehen, sind die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen unabsehbar“, sagt er. Mit Blick auf die Kapitalmärkte sei klar: „Nichts verabscheuen die Märkte so sehr wie Unsicherheit, und entsprechend hat der Dax auch schon reagiert. Sollte Deutschland längerfristig führungslos bleiben, ist mit negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort zu rechnen.“

Nach den Worten von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ruft die Abstimmungspanne in Erinnerung, dass sich eine künftige schwarz-rote Bundesregierung nur auf eine knappe Mehrheit stützen könne. „Das ist ein schwieriges Umfeld für wirtschaftspolitische Reformen“, sagte Krämer. „Wir erwarten weiter keinen echten Neustart in der Wirtschaftspolitik, der nach der langjährigen Erosion der Standortqualität notwendig wäre.“

Jungunternehmerverband fordert schnelle Stabilität

Der Verband der Jungunternehmer spricht von einem fatalen Signal. „In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wachsender Bürokratie, internationaler Standortkonkurrenz sowie internationaler Kriege und Konflikte braucht Deutschland eine verlässliche Führung“, sagt Verbandschef Thomas Hoppe. „Parteipolitische Ränkespiele gefährden den Wohlstand unseres Landes, mehren die Politikverdrossenheit und sind Wasser auf die Mühlen der Extremisten im Land.“

Der Digitalverband Bitkom spricht von einem Tiefpunkt in der Geschichte des Bundestags, sollte sich das Parlament in der jetzigen Phase nicht auf eine neue Regierung einigen können. „Richtig ist: Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Richtig ist aber auch: In dieser Zeit tiefgreifender Umbrüche braucht unser Staat eine stabile, starke Regierung und Europa braucht Führung“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Das jetzt geschaffene Vakuum schade Deutschland und zerstöre das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Demokratie.

Zeichen für ausländische Investoren

ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski betonte, dass die Schlappe von Merz „für ausländische Investoren ein Zeichen ist, dass sich nicht jeder der aktuellen Lage und Dringlichkeit bewusst ist“.

Auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt Hauck Aufhäuser Lampe, betont den internationalen Blick auf Deutschland. Die Nichtwahl von Friedrich Merz gebe nach ihm international ein fatales Bild ab. „Das Signal ist, dass Deutschland nicht mal mehr eine Regierung wählen kann“, sagt er. „Die Wirtschaft dümpelt ohnehin vor sich hin, Strukturreformen sind überfällig. Letztlich ziehen zu viele Parteien in unterschiedliche Richtungen. Statt notwendiger Stärke zeigt Deutschland einmal mehr Schwäche" so der Volkswirt. Für künftige Verhandlungen mit den USA und im Ukrainekonflikt seien das schlechte Vorzeichen. „Deutschland wird international noch lange aus einer Position der Schwäche agieren“, so Krüger.

Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt Hamburg Commercial Bank will aber nicht alles schwarzmalen „Die fehlenden Stimmen zur Wahl von Friedrich Merz kann man sicherlich als Vorgeschmack auf die nicht ganz einfache Regierungsarbeit sehen, mit der Union und SPD zu tun haben werden. Überdramatisieren sollte man die Lage aber auch nicht“, sagt er. Schließlich habe man sich im Koalitionsvertrag auf viele sinnvolle Maßnahmen geeinigt, die Parteien haben diesen Plänen zugestimmt.

„Von daher ist davon auszugehen, dass ein Großteil dieser Maßnahmen in den kommenden Monaten und Jahren auch umgesetzt werden“, sagt er. Die Hoffnung, dass jetzt endlich der Startschuss gegeben werde, um das Land rasch wieder auf Vordermann zu bringen, habe sich aber zunächst nicht erfüllt. „Das ist ärgerlich, wird aber vermutlich nur kurzfristig auf die Stimmung schlagen und spätestens dann verfliegen, wenn die ersten wirtschaftspolitischen Maßnahmen dann endlich beschlossen und umgesetzt werden“, so der Volkswirt.

manager-magazin

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