Papst-Wahl in Rom: Diese Rolle spielen die Ordensgemeinschaften

Derzeit läuft das Konklave in Rom. Gesucht wird ein Nachfolger für Papst Franziskus. Als sogenannter Reformer war er vor gut zwölf Jahren angetreten – so heißt es dieser Tage oft. Mit der Kategorie versucht so mancher eines der vermeintlichen Lager unter den wahlberechtigten Kardinälen zu beschreiben: Reformer gegen Traditionalisten, Liberale gegen Konservative. Die Kirchenoberen stehen in der Logik nun vor einer Richtungswahl.
Die simple Schwarz-Weiß-Matrix ist allenfalls eine Hilfskonstruktion. Denn die Wirklichkeit der weltumspannenden katholischen Kirchen ist natürlich komplexer. Bei ihrer Papstauswahl werden die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle so manche Eigenschaft berücksichtigen wollen, die ganz unabhängig von der Frage ist, ob der Aspirant für den Stuhl Petri nun ein theologischer Hardliner ist oder eben nicht.
Eine Rolle dürfte etwa spielen, woher der Bewerber kommt und ob er die italienische Sprache sicher beherrscht. Schließlich ist der Papst auch der Bischof von Rom und kann nur etwas bewegen, wenn er die Arbeit der Vatikanbehörden versteht. Und Umgangssprache vor Ort ist nun einmal Italienisch.
Generell stellt sich zudem die Frage, woran man eine vermeintlich besonders konservative oder eine eher reformorientierte Haltung eines Kandidaten überhaupt festmachen will. Denn ein potenzieller Nachfolger könnte beispielsweise der Segnung homosexueller Paare ähnlich offen gegenüberstehen wie der am Ostermontag verstorbene bisherige Heilige Vater, jegliche Öffnung des Priesteramts für Frauen jedoch kategorisch ausschließen. Sein Profil ließe sich wohl kaum eindeutig einer der beiden postulierten Gruppen zuordnen.
Und so wie die Positionierungen jedes einzelnen Kirchenvertreters zu den verschiedenen Zukunftsfragen der Weltkirche eher differenziert sein dürften, so vielfältig sind dann auch die Strömungen insgesamt, die derzeit im Konklave zusammensitzen. Mit dem, der sich hier am Ende durchsetzt, wird sich entsprechend vorrangig eine Hoffnung verbinden: Dass er zumindest in weitem Maße zu einem guten Ausgleich zwischen den vielen heterogenen Gruppierungen beitragen kann. Und damit dürften radikale Reformer oder absolute Erzkonservative eher schlechte Chancen haben.
In den Blick rücken können mit dieser Einsicht dafür andere „Trennlinien“, die es im Konklave nachweislich gibt: Denn 33 der 133 Purpur tragenden Wahlmänner ist nämlich Mitglied einer Ordensgemeinschaft.
Ihr Anteil in diesem Konklave ist ungewöhnlich hoch: Derzeit ist jeder vierte der wahlberechtigten Kardinäle ein Ordensmann. In der Wahlversammlung, die den Argentinier Jorge Mario Bergoglio im März 2013 zum Papst gewählt hat, waren von den 115 Teilnehmern „nur“ 17 Ordensleute – also bloß jeder Siebte.
Warum Bergoglio in seinem Pontifikat bei der Berufung neuer Kardinäle oft Ordensmännern den Vorzug gab, könnte zu einem guten Teil auch daran gelegen haben, dass er selbst Mitglied eines solchen Ordens war. Und als solcher just diese Gemeinschaften als wichtig für die Repräsentation der innerkirchlichen Glaubens- und Lebensauffassungen angesehen hat.
Franziskus war der erste Jesuit, der je zum Papst gewählt wurde. Der Jesuitenorden wurde im Jahr 1540 gegründet – zu einer Zeit also, als eine von Martin Luther und anderen Reformatoren losgebrochene Bewegung die Grundfesten der römischen Kurie erschütterte. Die Mission der Jesuiten von Ignatius von Loyola war klar: Sie sollten durch intensive Seelsorge und Bildungsarbeit zu einer Erneuerung der Kirche beitragen. Damit den Kritikern den Wind aus Segeln nehmen – und zugleich die drohende Erosion der bisherigen Macht Roms abwenden. Die Jesuiten, die „Elitetruppe der Päpste“.
Ordensgründer Loyola mahnte die Seinen zwar, nicht nach höheren Kirchenämtern zu streben. Doch wurde der Gemeinschaft später vielfach vorgeworfen, massiv politische Eigeninteressen zu verfolgen und das Spiel der Macht bestens zu verstehen. Faktisch ist der Jesuitenorden heute ein „Global Player“ innerhalb der Kirche und auf allen Erdteilen präsent. Mit knapp 14.000 Mitgliedern ist die „Gesellschaft Jesu“ die größte männliche Ordensgemeinschaft der katholischen Kirche.
So wundert es nicht, dass immerhin vier der derzeit wahlberechtigten Kardinäle diesem Orden angehören. Darunter ist auch der einflussreiche Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich (66), der als „papabile“ gilt – also als einer der aussichtsreichen Anwärter auf das Papstamt.

Nach dem Tod von Papst Franziskus wählen die Kardinäle in Rom ein neues Oberhaupt der Katholischen Kirche. Verfolgen Sie alles Wissenswerte rund um das Konklave im Liveblog.
Stark vertreten im Konklave sind auch die Franziskaner, die in der Kirchengeschichte schon drei Päpste stellen konnten. Mit Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, haben auch sie dieses Mal wieder einen Top-Favoriten auf das Bischofsamt in Rom im Rennen. Ihre Ordensfamilie kommt in der Wahlversammlung auf insgesamt acht Mitglieder – wenn man die Franziskaner-Minoriten und den Vertreter des Kapuziner-Zweiges dem Lager einfach mal hinzuschlägt. Damit könnte Pizzaballa über eine kleine „Hausmacht“ verfügen, die ihm recht wohl gesonnen sein dürfte. Eine Mehrheit ist das jedoch noch lange nicht.
Zumindest namentlich bekannt sind den allermeisten Laien auch die Dominikaner, die unter anderem als mittelalterliche Inquisitoren von sich reden machten. Ihr Orden ist mit zwei Wählern vertreten – einer von ihnen ist der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn (78). Zu den bekannteren Orden, die im Konklaven vertreten sind, gehören dann noch die Zisterzienser und Augustiner, die mit je einem Wahlmann in der Sixtinischen Kapelle zugegen sind.
Bei vielen der anderen Ordensnamen dürfte es jedoch nur bei eingefleischten Kirchenexpertinnen und -experten klingeln. Denn mit den Lazaristen, Steyler Missionaren oder Unbeschuhten Karmeliten werden die Durchschnittsgläubigen wohl kaum ein konkretes theologisches Profil verbinden, und von Scalabrinern, Spiritanern und Redemptoristen wird so mancher vermutlich noch nie etwas gehört haben. Recht unbekannt dürfte auch die Gruppe der Salesianer Don Boscos sein, die mit fünf Mitgliedern die größte Fraktion aller Ordensleute stellt. Insgesamt sind stattliche 17 Ordensgemeinschaften im Konklave vertreten.
So wichtig die Orden damit dieses Mal auch zu sein scheinen – historisch gesehen gehörten jedoch nur 36 der inzwischen fast 270 Päpste einer Ordensgemeinschaft an. Zwischen 10 und 15 Pontifikate – die Quellenlage ist dürftig – kann man den Benediktinern zurechnen. Das wundert nicht, ist ihr Orden doch der älteste und hatte bis weit ins hohe Mittelalter gewissermaßen ein monastisches Monopol.
Tonangebend sind die Benediktiner jedoch schon lange nicht mehr. Mitwählen können sie daher nun auch nicht – keiner der Kardinäle im Konklave fährt derzeit auf einem Benediktiner-Ticket.
rnd