Frankreichs Anerkennung des palästinensischen Staates: Warum diese Geste (vielleicht) die Spielregeln ändert

Es ist eine bahnbrechende Ankündigung. Am 24. Juli 2025 überraschte Emmanuel Macron alle mit der Ankündigung, dass Frankreich den Staat Palästina bei der nächsten Generalversammlung der Vereinten Nationen im September in New York anerkennen werde.
Eine starke, hochpolitische Geste, die Paris in fast 35 Jahren verbaler Unterstützung der Zweistaatenlösung nie gewagt hatte.
Könnte diese Entscheidung, die Frankreich zu einem der europäischen Schwergewichte macht, die Karten im Nahen Osten neu mischen? Hier einige Erklärungen.
Eine große politische GesteDies ist ein Novum für ein G7-Mitglied . Mit der Anerkennung eines Staates Palästina bricht Frankreich mit seiner vorsichtigen diplomatischen Tradition. Bislang hielt man eine solche Entscheidung ohne konkrete Fortschritte für verfrüht. Doch der Kontext hat sich geändert.
Mehr als 140 Länder haben Palästina bereits anerkannt, darunter kürzlich auch mehrere europäische Länder (Spanien, Norwegen, Irland, Slowenien). Paris, das zuvor abwartend reagiert hatte, hat sich nun entschieden, zu handeln und nicht länger nur zu unterstützen.
Im Visier: eine internationale Konferenz in New York, deren Vorsitz sie am 28. und 29. Juli gemeinsam mit Saudi-Arabien innehaben wird, um zu versuchen, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen.
Eine Antwort auf eine SackgasseDer Krieg im Gazastreifen zieht sich hin, Zehntausende Zivilisten sterben, die Siedlungstätigkeit im Westjordanland erreicht neue Höhen, und die Verhandlungen stecken in einer Sackgasse. Der jüngste Waffenstillstandsversuch in Doha ist gescheitert.
In diesem Zusammenhang hat Mahmud Abbas in einem Brief vom 9. Juni 2025 an Frankreich mehrere schriftliche Verpflichtungen gesandt, darunter die Entmilitarisierung des Gazastreifens und die Organisation von Wahlen im Jahr 2026.
Obwohl diese Verpflichtungen keine formelle Anerkennung Israels durch die Palästinensische Autonomiebehörde darstellen, zeichnen sie doch dessen Konturen.
Emmanuel Macron sieht darin eine Chance, die es zu nutzen gilt: „Wir müssen endlich den Staat Palästina aufbauen, seine Lebensfähigkeit sicherstellen und dafür sorgen, dass er durch die Akzeptanz seiner Entmilitarisierung und die vollständige Anerkennung Israels zur Sicherheit aller im Nahen Osten beiträgt.“
Für Emmanuel Macron zielt diese Anerkennung darauf ab, „die Zweistaatenlösung zu retten“, bevor sie endgültig verschwindet. Ein diplomatischer Hebel, der genutzt werden kann, solange sich noch eine Gelegenheit bietet.
Stärkere Stimme der Palästinenser, Druck auf IsraelKonkret ändert diese Anerkennung nicht die Situation vor Ort, aber sie stärkt die Legitimität Palästinas auf der internationalen Bühne … und könnte andere Länder ermutigen, die noch zögern, diesen Schritt zu wagen.
Die israelische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: „Eine Belohnung für den Terror“, prangerte die Regierung an. Für Frankreich hingegen ist diese Geste ein Weg, die Hamas, einen erklärten Feind der Zweistaatenlösung, zu marginalisieren. „Frankreich steht auf der Seite des Friedenslagers“, bekräftigte Außenminister Jean-Noël Barrot.
Diese Initiative könnte einen Dominoeffekt auslösen. Sollte Berlin weiterhin zögern, könnten andere Hauptstädte – Lissabon, Brüssel und Luxemburg – folgen.
Mehrere europäische Parlamente hatten bereits 2014 dafür gestimmt, ohne dass die Regierungen etwas unternommen hätten. Frankreich könnte diese diplomatische Hürde überwinden.
Eine riskante WetteDiese Entscheidung bleibt nicht ohne Folgen. Sie könnte die französisch-israelischen Beziehungen weiter belasten und Paris' Vermittlerposition schwächen. Zudem beruht sie auf der Annahme, dass die Palästinensische Autonomiebehörde ihre Versprechen einhält.
Doch für Emmanuel Macron heißt es jetzt oder nie. Damit markiert er einen historischen Wendepunkt in der französischen Diplomatie, die, ohne ihre Unterstützung für Israel zu leugnen, klar für die vollständige Anerkennung Palästinas einsteht.
Ein bewusster Bruch mit der jahrzehntelang vorherrschenden Äquidistanz-Haltung. Eine Entscheidung, die zwar noch nichts an der Situation ändert, aber durchaus die diplomatischen Karten neu mischen könnte.
Nice Matin