Handschrift und kognitive Entwicklung. Warum Handschrift im digitalen Zeitalter immer noch sinnvoll ist

Handschrift im Zeitalter künstlicher Intelligenz: Ist sie noch sinnvoll? Vor allem aber stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies – wenn überhaupt – auf die kognitive Entwicklung der Jüngsten hat, die heute mit einer nie dagewesenen technologischen Beschleunigung konfrontiert sind und zwischen der Nutzung und sehr häufig auch dem Missbrauch von Geräten hin- und hergerissen sind? Zahlreiche wissenschaftliche Studien betonen übereinstimmend den Wert grafischer und kalligrafischer Übungen , insbesondere in einem vollständig digitalisierten Zeitalter, und behaupten, dass diese einige Fähigkeiten wie Lernen, Feinmotorik, Gedächtnis und Organisation positiv beeinflussen können.

Daniela Moretto , Grafikdesignerin und Präsidentin von Smed – Handwriting im digitalen Zeitalter , denkt genauso. Der Verein, der das Projekt „Scrittura Corsiva“ seit 2015 mit dem Ziel unterstützt und fördert, es in Schulen und Bildungseinrichtungen zu verbreiten, ist vom 9. bis 11. Mai beim Internazionale Kids Festival, dem ersten Journalismusfestival für Kinder, in Reggio Emilia vertreten. „Zeichnen durch Schreiben“ und „Abecedario“ sind die beiden kostenlosen Workshops, die am Sonntag, den 11. Mai stattfinden und sich an Mädchen und Jungen im Alter von 7 bis 13 Jahren richten.

Moretto, was verlieren wir auf kognitiver, aber auch allgemeiner auf kultureller Ebene, wenn wir das Schreiben mit der Hand aufgeben?

„Die Handschrift ist der Ursprung unseres Bedürfnisses nach direktem Ausdruck. Sie regt Fantasie und Kreativität an und ermöglicht es uns, einen einzigartigen persönlichen Eindruck zu hinterlassen, der für uns selbst und für diejenigen, die uns lesen, von Bedeutung ist. Nur durch Übung können wir erkennen, wie wertvoll sie in jeder Lebensphase ist. Deshalb ist es wichtig, die Verwendung des Schreibens im Labor und im künstlerischen Kontext über die Zeilen des Notizbuchs hinaus zu fördern.“

Inwieweit wirkt sich diese Vernachlässigung auf die Kinder aus, wenn für sie ein anderer Lernweg entworfen wird?

Die Forschung auf diesem Gebiet zeigt deutlich, dass das Erlernen des Schreibens mit der Hand den frühen Erwerb von Lese- und Schreibfähigkeiten positiv beeinflussen kann. Das Schreiben von Buchstaben in der frühen Kindheit verbessert die Fähigkeit, diese zu erkennen, wie Studien zur Bildgebung des Gehirns zeigen. Und das Erlernen des Schreibens verbessert das Lesen, wie pädagogische Studien belegen. Studien an jungen Erwachsenen zeigen, dass das Schreiben von Notizen mit einem Stift dazu beitragen kann, dass sich Menschen Konzepte und Informationen länger merken können.

Wie übt man täglich Handschrift?

Schaffen wir zu Hause Platz für die Handschrift, indem wir Blöcke, Tafeln sowie Schreib- und Zeichengeräte bereitstellen. Wir schreiben, um zu planen, uns zu erinnern und zu kommunizieren. Diese Praxis verschafft uns einen Moment der Konzentration, Besinnung und Ruhe und macht uns zu einem Vorbild für unsere Mitmenschen. Wenn wir Erwachsenen vor Kindern und Jugendlichen mehr Zeit am Computer, Tablet oder Smartphone verbringen als mit Büchern, Notizbüchern oder Zeichenpapier, wird unser Beispiel sie sicherlich nicht dazu ermutigen, den Weg zu Buch, Papier und Stift einzuschlagen.

Es gibt viele Geräte, ich denke da an den Apple Pencil für Apples iPad, die das Erlebnis des Schreibens und Zeichnens in die digitale Welt bringen: Sind das nützliche Werkzeuge oder ändert sich dadurch in jedem Fall etwas?

Das Schreiben und Zeichnen mit einem Stift auf einem Tablet ist eine graphomotorische Erfahrung, die mit der analogen vergleichbar ist, auch wenn letztere aufgrund der vielen taktilen, olfaktorischen und auditiven Eindrücke, die sie mit sich bringt, unnachahmlich bleibt. Abgesehen von Ausnahmefällen sollte der Einsatz ähnlicher (teurer) digitaler Werkzeuge jedoch nicht zu Beginn des Lernprozesses erfolgen, sondern erst später, um die analoge Erfahrung zu vervollständigen.