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Der Fall Katrin Lange: Sie warf den Verfassungsschutzchef raus - und musste kurz darauf gehen

Der Fall Katrin Lange: Sie warf den Verfassungsschutzchef raus - und musste kurz darauf gehen

Seit 2020 galt die AfD in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall. Im Herbst 2024 sollte die Partei vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ hochgestuft werden. Verkündet werden sollte die Entscheidung vom damaligen Brandenburger Innenminister Michael Stübgen, CDU, im November.

Nachdem die Ampelregierung auseinanderbrach, einigten sich Stübgen und der Brandenburger Verfassungsschutzchef Jörg Müller darauf, die Sache zu verschieben. Denn die AfD hätte klagen und die Einstufung so kurz vor der Bundestagswahl scheitern können.

Im September 2024 wurde in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt, im Dezember wurde Katrin Lange, SPD, neue Innenministerin. Sie ist gegen ein Verbot der AfD und dafür, die Partei politisch zu bekämpfen. Die Zeit schreibt, der Verfassungsschutz habe deshalb die Sorge gehabt, Lange könnte die Hochstufung der AfD verhindern wollen.

Kampf im Innenministerium um die Hochstufung der AfD

Nach einer Dienstanweisung von Langes Vorgänger aus dem Jahr 2023 kann der Dienst das allerdings selbst tun. Die Dienstanweisung besagt, dass der Chef des Verfassungsschutzes befugt sei, Dokumente wie das über die Hochstufung der AfD auch ohne Rücksprache mit der Ministerin zu unterzeichnen.

Katrin Lange wusste nach eigenen Angaben nichts davon. Als sie von 2016 bis 2019 Staatssekretärin im Ministerium des Innern war, gab es diese Regelung noch nicht. Jörg Müller habe sie nicht darüber unterrichtet. Sie ging davon aus, dass Müller als politischer Beamter ohne sie nichts entscheiden kann. Im Beamtenstatusgesetz heißt es, politische Beamte müssten in „fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung“ stehen. Der Verfassungsschutz ist eine Abteilung des Brandenburger Innenministeriums.

Nun begann ein Kampf hinter den Kulissen. Lange sagt, sie habe Müller in Gesprächen am 9. und 14. April mitgeteilt, dass Brandenburg die Entscheidung des Bundes über die Hochstufung der AfD abwarten soll. Am 14. April unterschrieb Müller die Hochstufung der Brandenburger AfD zum „gesichert rechtsextremen“ Landesverband. Außerhalb des Verfassungsschutzes erfuhr niemand davon.

Müller sagt, er habe versucht, die Ministerin vorab darüber zu informieren und ihr das 144-seitige Gutachten zum Lesen zu geben. Sie habe sich dafür nicht interessiert.

Am 2. Mai wurde die AfD auf Bundesebene hochgestuft. Nancy Faeser, Innenministerin der abgewählten Ampelregierung, verkündete die Entscheidung. Die Nachrichtenagentur dpa fragte daraufhin bei Ministerin Lange nach, wie der Stand in Brandenburg sei. Lange erkundigte sich bei Müller. Der antwortete per Mail, die Einstufung des Bundes habe keine unmittelbaren Auswirkungen. „Im föderalen Bundesstaat trifft jedes Bundesland seine eigenen Entscheidungen“. Müller unterbreitete der Ministerin in seiner Mail anschließend den Vorschlag, das „Momentum“ zu nutzen und zu verkünden, dass Brandenburg den Landesverband der AfD „nunmehr“ zur erwiesen extremistischen Bestrebung hochstufe.

Der Verfassungsschutzchef wird entlassen

Lange folgte diesem Vorschlag nicht, sondern schrieb in ihrem Statement: Die politische Herausforderung durch die AfD müsse „in erster Linie auch politisch beantwortet“ werden. Sie bat ihren Abteilungsleiter Müller, ihr den Stand zur Einstufung der AfD vorzulegen. Nach ihren Angaben erhielt sie die Unterlagen am 5. Mai und erfuhr darin erstmals, dass Müller die Hochstufung am 14. April unterzeichnet hatte.

Am 6. Mai entließ Katrin Lange den Verfassungsschutzschef, das Vertrauen in ihn sei nicht mehr gegeben. Sie hob auch die Dienstanweisung auf; der Verfassungsschutz muss nun wieder Rücksprache mit der Ministerin halten, bevor er Unterlagen unterzeichnet. Müller erklärte der Presse gegenüber, er habe sich nichts vorzuwerfen.

Der hausinterne Konflikt wurde nun zur politischen Krise.

Die Brandenburger Opposition kritisierte Lange sofort scharf. Die CDU warf ihr vor, die politische Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes zu beschneiden und Extremisten in die Hände zu spielen. Die Grünen erklärten, Müllers Entlassung sei ein „politisch motivierter Rauswurf eines anerkannten Fachmannes und Kämpfers gegen Rechtsextremismus“ gewesen. Die Linken stellten sich ebenfalls hinter Müller und erklärten, die Landesregierung sei „auf dem rechten Auge blind“.

Berliner-zeitung

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